Wie eine Oma tausende Chinesen in die USA schmuggelte
Buchtipp: „The Snakehad: An Epic Tale of the Chinatown Underworld and the American Dream“
„The Snakehad: An Epic Tale of the Chinatown Underworld and the American Dream“ (338 Seiten von Patrick Radden Keefe, in 2010)
Somma was behind the wheel, and he saw it first. An earlier rain shower had left the ocean swollen with fog. But out to his right, beyond the beach, the darkness was pierced by a single pinprick of faint green illumination: a mast light.
The officers pulled over, got out of the car, and scrambled to the top of the dunes separating the road from the beach. In the distance they beheld the ghostly silhouette of a ship, a tramp steamer, perhaps 150 feet long. The vessel was listing ever so slightly to its side. Somma ran back to the car and got on the radio, alerting the dispatcher that a large ship was dangerously close to shore. He and Divivier climbed the dune for another look.
Then, from out across the water, they heard the first screams.
Half stifled by the wind, the cries were borne to them across the beach. To Somma, they sounded desperate, the kind of sound people make when they know they are about to die. He had a flashlight with ihm, and pointed it in the direction of the ship. The sea was rough, the waves fierce and volatile. About 25 yards out, between the rolling swells, Somma saw four heads bobbing in the water. The officers turned and sprinted back to their car.
Patrick Radden Keefe ist einer meiner Lieblingsautoren. Der Reporter des New Yorkers hat in den vergangenen Jahren zwei absolut großartige Bestseller veröffentlicht: „Say Nothing“ über den Konflikt in Nordirland und „Empire of Pain“ über die Opioid-Epidemie in den USA und die Sackler-Familie, die diese Epidemie angeheizt und über Jahrzehnte davon profitiert hat. Beide Bücher sind herausragend und nur deshalb habe ich mir überhaupt „The Snakehead“ gekauft – sonst wäre ich wohl kaum auf die Idee gekommen, ein Buch über illegale Migration chinesischer Einwanderer in den USA in den 90er und 2000er Jahren zu lesen. Aber mein Riecher war richtig: Auch Radden Keefes allererstes Buch ist schon ähnlich gut wie seine beiden späteren Bestseller und deshalb lege ich dieses Buch auch Euch ans Herz.
In „The Snakehead“ taucht Radden Keefe in die Welt chinesischer US-Migration ein und enthüllt das Geschäft der zentralen Figur im Netzwerk dieser Schmuggler: Sister Ping, eine chinesischen Großmutter, die über Jahrzehnte tausende, vermutlich sogar wohl zehntausende Chinesinnen und Chinesen geschmuggelt und dafür viele Millionen Dollar bekommen hat. Organisiert hat sie das alles unauffällig aus einem kleinen Geschäft heraus, in Chinatown in New York. Radden Keefe erzählt die Geschichte der Migrant*innen, die Geschichte von Sister Ping, die Geschichte der scheiternden Behörden, die den Menschenschmuggel versuchen einzudämmen. Und auch wenn das Buch Vorgänge beschreibt, die 20 oder 30 Jahre alt sind, stellt es bereits 2010 viele Fragen, die wir uns auch heute immer wieder stellen.
Ein faszinierender Blick in eine Welt, über die ich vorher nichts wusste. Und in die ich gut 300 Seiten lang abtauchen konnte, auch dank der großen erzählerischen Kunst von Patrick Radden Keefe.
Im Frühjahr habe ich selbst ein narrativ erzähltes Sachbuch veröffentlicht, gemeinsam mit Lena Kampf: „Row Zero: Gewalt und Machtmissbrauch in der Musikindustrie“. Wer diesen Newsletter und meine Arbeit unterstützen möchte, der kann das Buch (am besten im lokalen Buchhandel) bestellen.
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Vielen Dank, viel Spaß beim Lesen und auf bald
Daniel