Sachbuchliebe startet in 2022
Ein neuer Newsletter für alle Fans stark erzählter Sachbücher.
„Behind the Beautiful Forevers“ — Katherine Boo besucht über Jahre mit einer Kamera einen indischen Slum und beschreibt danach das Leben einiger der dort lebenden Kinder. Boo beschreibt den Alltag so dicht, dass ich denke, ich wäre mit ihr vor Ort gewesen. Und nebenbei gibt Boo mir noch einen Einblick in die extreme Ungleichheit der indischen Gesellschaft.
„A Civil Action“ — Jonathan Harr begleitet fast ein ganzes Jahrzehnt lang den Anwalt Jan Schlichtmann und verfolgt dessen Kampf um die Entschädigung krebskranker Familien. In seinem Buch bringt mir Harr nebenbei viel über amerikanische Sammelklagen und Umweltverbrechen bei. Das erste Kapitel ist ein Vorgriff auf eine Szene ganz spät im Buch, in der Schlichtmanns geliebter Porsche gepfändet wird und er am Tiefpunkt angekommen scheint. Für mich bis heute einer der besten Sachbuch-Einstiege.
„The Big Short“ — Michael Lewis erklärt mir die Finanzkrise anhand derer, die sie vorausgesehen und Milliarden daran verdient haben. Nur eines von vielen herausragenden Lewis-Büchern. In „Flashboys“ bringt er mir dank eines extrem sympathischen Protagonisten nahe, warum High Frequency Trading so problematisch ist. Und in „The Premonition“ hat er mir in diesem Jahr einen tiefen Blick in den verheerenden Zustand des amerikanischen Gesundheitssystems ermöglicht.
Für mich gibt es journalistisch kaum etwas Großartigeres, als stark erzählte Sachbücher. Getrieben von spannenden Charakteren, erzählt anhand konkreter Erlebnisse, detailliert recherchiert. So bekomme ich als Leser nicht nur Informationen über ein Thema, das mich interessiert – sondern vor allem eine spannende, wahrhaftige Geschichte erzählt.
Ich lese seit Jahren fast keine anderen Bücher mehr. Meist sind es amerikanische Sachbücher – sogenannte „narrative non-fiction“ – da es in Deutschland kaum erzählte Sachbücher gibt. Für nötige, extrem aufwändige Recherchen scheinen die Vorschüsse für Autor:innen oft zu gering. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Seit zwei Jahren empfehle ich die besten dieser erzählten Sachbücher auf Twitter. Schon länger spiele ich mit dem Gedanken, daraus eine kleinen Newsletter zu machen. Jetzt ist es soweit.
Kurz über mich: Ich bin Chefredakteur von Ippen Investigativ (früher BuzzFeed News Deutschland) und Vorsitzender des Netzwerk Recherche. Ich arbeite seit gut 20 Jahren als Journalist, mehr als die Hälfte davon als investigativer Reporter. Mehr über mich gibt’s auf meiner Webseite. Hier kannst Du mir auf Twitter folgen.
Ein paar Regeln habe ich mir für diesen Newsletter gesetzt:
Nur gute Bücher. Warum sollte ich meine und Eure Zeit mit schlechten Büchern verschwenden? Ich empfehle Bücher, die ich wirklich gut finde - als Fan, nicht als Kritiker.
Das hier ist Hobby. Ich halte es knapp. Und ich denke (basierend auf dem Lesetempo der vergangenen Jahre), dass ich etwa alle zwei Wochen zu einer neuen Ausgabe komme. Wenn es aber mal vier oder sechs Wochen werden (oder ich merke, dass ich es gar nicht mehr schaffe), dann ist das so.
Ausnahmen. Hin und wieder lese ich auch Sachbücher, die nicht über Protagonisten erzählt sind, die keine Haupt- und Nebenfiguren haben – und die trotzdem empfehlenswert sind. Vielleicht empfehle ich sogar mal einen aufwändig recherchierten Text, einen Podcast oder eine Doku, aber das soll die Ausnahme bleiben.
Schreibt mir gern. Ich freue mich über Austausch: Was sollte ich lesen? Welche Bücher fandet Ihr ebenfalls gut – welche weniger? Vielleicht findet sich hier ja eine kleine Gemeinschaft von Fans erzählter Sachbücher und dieser Newsletter kann eine Art Forum für unseren Austausch werden.
Noch drei Links:
Hier habe ich im vergangenen Jahr alle von mir gelesenen Sachbücher notiert.


Hier habe ich im Jahr davor das gleiche getan.


Ich freue mich auf 2022, auf die nächsten erzählten Sachbücher – und auf den Austausch mit Euch.
Viel Spaß beim Lesen und auf bald
Daniel
Schläfst du auch mal zwischendurch, lieber Daniel? ))
😍