Dieses Buch brauchen wir jetzt
„Wie wir die Welt sehen“ beschreibt einen gesünderen Umgang mit schlechten Nachrichten – und den Weg hin zu einem optimistischeren Leben
„Wie wir die Welt sehen: Was negative Nachrichten mit unserem Denken machen und wie wir uns davon befreien“ (von Ronja von Wurmb-Seibel in 2022 bei Kösel)
Jeden Abend nehmen meine Frau und ich uns ein paar Minuten Zeit, um dem Tag einen positiven Abschluss zu geben – egal wie gut oder wie beschissen er gelaufen ist. Wir beide zählen jeweils drei Dinge auf, die uns gut gefallen haben an diesem Tag. Das kann ein tolles Gespräch mit einer Freundin gewesen sein, ein gutes Essen, ein Erfolg im Job – oder einfach nur ein paar Minuten durchatmen in der Sonne. Wenn wir uns nicht persönlich sehen, schreiben wir uns am Abend eine Nachricht. Wir machen das seit Jahren. Es ist wenig Aufwand, aber es hat einen Einfluss darauf, wie wir unser Leben sehen. Weil wir ganz bewusst in all dem, was einen jeden Tag beschäftigt, was einen auch runterziehen und fertig machen kann, die guten Dinge würdigen, das Schöne, das Positive.
In „Wie wir die Welt sehen“ schreibt Ronja von Wurmb-Seibel über genau das: Wie beeinflussen die Geschichten, die wir uns erzählen, unsere Sicht auf die Welt. Ronja gibt in ihrem Buch konkrete Tipps für den individuellen Umgang mit Gesprächen, Small-Talk, Geschichten und Nachrichten (darunter auch die „drei schönen Dinge“ am Tagesende). Vor allem schreibt sie aber darüber, wie wir uns als Gesellschaft auf eine neue, optimistischere, konstruktivere Art Geschichten erzählen sollten.
Ronja ist Journalistin und hat sich jahrelang viele Gedanken darüber gemacht, ob die Art, wie wir im Journalismus Nachrichten auswählen, aufbereiten und präsentieren, sinnvoll ist – oder ganz im Gegenteil viel zu negativ, viel zu hoffnungslos, viel zu einseitig. Wäre es nicht besser, wenn unsere Nachrichten, wenn unsere Berichterstattung lösungsorientierter wäre? Wenn wir nicht nur das Problem, sondern auch einen Weg zu einer möglichen Lösung präsentiert bekämen? Was würde das mit uns als Nutzer:innen, mit uns als Gesellschaft machen?
Mir hat das Buch eine Reihe von Gedanken mit auf den Weg gegeben. Ich versuche im Privaten stärker darauf zu achten, nicht ständig negative Erlebnisse weiter zu erzählen, sondern die positiven Aspekte zu betonen. Und ich denke nochmal anders darüber nach, welche Verantwortung ich habe als jemand, der dafür bezahlt wird, Fakten herauszufinden und diese in Geschichten verpackt sehr vielen Menschen zu erzählen.
Disclaimer: Ich kenne Ronja seit mehreren Jahren, habe mich sehr auf ihr Buch gefreut und noch mehr, als es direkt auf die Spiegel-Bestsellerliste geschossen ist.
Wem Ronjas Buch gefällt, dem dürften auch die folgenden drei Bücher gefallen, die ich ebenfalls empfehlen möchte: „Im Grunde gut“ von Rutger Bregman, „Factfulness“ von Hans Rosling und „How to do Nothing“ von Jenny Odell.
Rutger Bregman schreibt darüber, dass wir ein völlig falsches, viel zu negatives Bild von unseren Mitmenschen und uns als Gesellschaft haben. Er erklärt an zahlreichen spannenden Beispielen, wie Studien und Anekdoten in der Vergangenheit falsch interpretiert wurden und wir eigentlich viel optimistischer, viel menschenfreundlicher, viel vertrauender sein sollten, als wir es sind. Einen guten Vorgeschmack auf sein Buch gibt dieser Ausschnitt im Guardian. Auch sein erstes Buch „Utopien für Realisten“ fand ich sehr klug. Es hat mich sehr positiv gestimmt zurückgelassen.
Der mittlerweile verstorbene Hans Rosling und sein Buch spielen auch eine wichtige Rolle in Ronjas Buch. Rosling hat jahrzehntelang erforscht und demonstriert, dass wir alle langfristige Entwicklungen grundsätzlich viel zu negativ wahrnehmen und deshalb ein völlig falsches Weltbild haben. Er beschreibt, warum das so ist und was wir dagegen tun können.
Jenny Odell teilt in ihrem Buch sehr viele kluge Gedanken über einen besseren Umgang mit den sozialen Medien, über Umwelt, Natur und Heimat. „How to Do Nothing“ ist ein Buch, das keine konkreten Ratschläge gibt, das eher wandert als strikt durcherzählt, aber sehr viele neue Gedanken anstößt.
Diskutiert gerne mit mir auf Twitter oder in den Kommentaren über die Bücher – oder empfehlt mir weitere Bücher, die ich für dieses Jahr auf die Liste nehmen sollte. Falls Euch „Sachbuchliebe“ gefällt, leitet diesen Beitrag weiter oder teilt ihn in den sozialen Medien.
Vielen Dank, viel Spaß beim Lesen und auf bald
Daniel
(PS: Hier findet Ihr nochmal ein paar Worte über die Idee dieses Newsletters und was Euch in den kommenden Ausgaben erwarten wird.)