Der Mann hinter den Büchern von Hemingway, Fitzgerald, Wolfe und Rawlings
Buchtipp: „Max Perkins: Editor of Genius“
„Max Perkins: Editor of Genius“ (452 Seiten, von A. Scott Berg in 1978)
Sein Leben lang hat er versucht, im Hintergrund zu bleiben – heute ist er der vielleicht bekanntestes Lektor, den es je gegeben hat: William Maxwell Evarts Perkins hat fast vier Jahrzehnte lang für den Verlag Charles Scribner’s Sons gearbeitet – vom Marketing-Neuling zum Chefredakteur – und dort unzählige Bestseller entdeckt und mit geformt.
Perkins war der Entdecker von F. Scott Fitzgerald, von Ernest Hemingwas, von Thomas Wolfe, von Marjorie Kinnan Rawlings – dieses Buch erzählt Perkins’ Leben und erklärt, wie er seine Arbeit gemacht hat, wie er die Lektorentätigkeit revolutioniert hat, wie er es geschafft hat, immer wieder neue Talente zu entdecken – und auch, wie er lange mit seinem eigenen Lebensglück gekämpft und sich am Ende langsam zu Tode gearbeitet und getrunken hat.
Das Buch ist mehr als 40 Jahre alt und an ein paar Stellen nicht ganz so knackig, wie man es vielleicht heute schreiben würde, aber es wird nie langweilig, weil es vor allem über den regen Briefverkehr von Perkins viele tiefe Einblicke erlaubt. Und weil Perkins so viele, so spannende Autor*innen betreut hat – mit so vielen Dramen, Wendungen, Problemen, die sie alle mit ihm besprochen und geklärt haben. Zudem gibt das Buch eine interessante Perspektive auf das Amerika von 1920 bis 1945. Und zwischendurch zeigt Autor A. Scott Berg immer wieder, wie Perkins ganz konkret mit einen Autor*innen arbeitete (was ich auch in meiner Rolle als Journalist und als Recherchen betreuender Redakteur nicht unspannend fand).
Zwei Beispiele:
Zunächst ein Ausschnitt aus einem Brief an einen seiner Autoren.
„You’re not writing a study of Robert E. Lee, or a personal interpretation of him, but the first complete and perhaps the definitive, biography: a great feature of it is that it contains all the information pertinent, and that a great deal of this is new. This fact which is indisputable, must govern the character of the book.—It prevents you from any such freedom of imaginitive interpretation, for instance, as Strachey allows himself. And it governs you in the matter of selecting, for you must put in everything, and not simply select what is valuable from some purely artistic or literary standpoint.“
Und hier aus der Arbeit mit einer seiner Autorinnen.
„Perkins examined each sentence and made suggestions for almost every scene in the first chapter of Crowded Hours. He cautioned her to slow down and avoid the humdrum. ‘Make every person a character and make very action an event’, he said. Occasionally Mrs. Longworth reached a significant episode she could not remember much about. Perkins advised her not to apologize for her poor memory: ‘Don’t tell us what you don’t know; tell us what you do know.’ Time and again he asked her to describe people and tell how she felt about them personally. As she wrote, she imagined Perkins standing over her shoulder, asking her questions.“
Das Buch ist 2016 unter dem Titel „Genius“ mit Colin Firth, Jude Law und Nicole Kidman verfilmt worden (und mit Dominic West als Hemingway!) Ich fand den Film aber eher mittelmäßig und würde – wen wundert es in diesem Newsletter – natürlich das Buch empfehlen.
Diskutiert gerne mit mir auf Twitter oder in den Kommentaren über die Bücher – oder empfehlt mir weitere, die ich für dieses Jahr auf die Liste nehmen sollte. Falls Euch „Sachbuchliebe“ gefällt, leitet diesen Beitrag weiter oder teilt ihn in den sozialen Medien.
Vielen Dank, viel Spaß beim Lesen und auf bald
Daniel
(PS: Hier findet Ihr nochmal ein paar Worte über die Idee dieses Newsletters und was Euch in den kommenden Ausgaben erwarten wird.)