3 Feminismus-Bücher, in denen es (fast) nicht ums Gendern geht
Die erste Gast-Folge von Sachbuchliebe: Anne-Kathrin Gerstlauer empfiehlt drei ihrer liebsten Sachbücher
Premiere! Zum ersten Mal empfiehlt eine Gästin ihre Lieblings-Sachbücher bei Sachbuchliebe und ich freue mich sehr, dass es Anne-Kathrin Gerstlauer ist.
Anne-Kathrin hat etwa gleichzeitig mit dem Start von Sachbuchliebe ihren Newsletter Texthacks gestartet, in dem sie jede Woche Tipps für gutes Schreiben gibt. Zum Start unserer Newsletter haben wir gewettet, wer als erstes 2500 Abonnent*innen hat und was soll ich sagen: Ich schulde Anne-Kathrin seit etwa einem Jahr ein Frühstück. Ihren zurecht unfassbar erfolgreichen Newsletter kann ich uneingeschränkt empfehlen.
Jetzt aber: zu den drei Büchern von Anne-Kathrin!
Nummer Eins: „Invisible Women“ von Caroline Criado Perez
Worum geht’s? In „Invisible Women“ untersucht Caroline Criado Perez, wie die Welt um uns herum – von der Medizin bis zur Stadtplanung – von einem männlichen Blickwinkel aus gestaltet wurde. Und sie haut uns dabei eine Statistik nach der anderen um die Ohren. Und erklärt aber auch, welche Daten fehlen. Ganz schön viele.
Für wen: Alle. Besonders geeignet für Statistik-Liebhaber, Wissenschaftler*innen, Menschen in der Medienbranche und in der Politik, die Ideen für feministische Themen suchen, die nicht gendern sind.
Für wen nicht: Menschen, die Bücher in einem Rutsch lesen wollen.
Beispielzitat: „We teach brilliance bias to children from an early age. A recent US study found that when girls start primary school at the age of five, they are as likely as five-year-old boys to think women could be 'really really smart'. But by the time they turn six, something changes. They start doubting their gender. So much so, in fact, that they start limiting themselves: if a game is presented to them as intended for 'children who are really, really smart', five-year-old girls are as likely to want to play it as boys - but six-year-old girls are suddenly uninterested. Schools are teaching little girls that brilliance doesn't belong to them. No wonder that by the time they're filling out university evaluation forms, students are primed to see their female teachers as less qualified.“
Positiver Nebeneffekt: beeindrucke ständig mit deinen drei Beispielen, die du dir merken konntest.
Nummer zwei: „Bad Feminist“ von Roxane Gay
Worum geht’s? Darum, eine schlechte Feministin zu sein. Oder ein schlechter Feminist. In „Bad Feminist“ spricht Roxane Gay darüber, wie sie versucht, die komplexen und oft widersprüchlichen Aspekte ihrer Identität miteinander zu vereinbaren. Sie untersucht Themen wie Rassismus, Sexismus, Popkultur und Medienkritik.
Für wen? Für alle, die sich fragen, ob sie als Feminist*in immer noch ihren Vater fragen dürfen, ob er den Schrank aufbaut.
Für wen nicht? Für perfekte Feminist*innen. Und alle, die nicht auf Essay-Bücher stehen.
Beispielzitat: „Pink ist meine Lieblingsfarbe. Früher sagte ich, dass schwarz meine Lieblingsfarbe sei, um cooler zu sein. Aber es ist pink, in allen Schattierungen. Ich rasiere meine Beine. Wenn ich Einwände habe, gegen die die unrealistischen Schönheitsideale, an denen Frauen gemessen werden, dann sollte ich keine geheimen Vorlieben für Fashiontrends und glatte Beine haben, oder? Obwohl viele Menschen das nicht von mir glauben, auch wegen der Texte, die ich schreibe, mag ich Männer. Ich finde sie interessant und meistens wünsche ich mir, dass sie es schaffen, Frauen besser zu behandeln, damit ich ihr Verhalten nicht anprangern müsste. Und trotzdem gebe ich mich mit Unsinn von ungeeigneten Männern ab, obwohl ich es besser weiß und besser kann.“
Positiver Nebeneffekt: sehr viel seltener ein schlechtes Gewissen.
Nummer drei: „Untenrum Frei“ von Margarete Stokowski
Worum geht’s? Um die Geschichte weiblicher Sexualität, um Identität und um Machtstrukturen. Und um die kleinen und großen Grenzüberschreitungen.
Für wen? Ein gutes Einsteigerbuch für junge Menschen.
Für wen nicht? Nicht geeignet, um es Vätern zu Weihnachten zu schenken. Ich spreche aus Erfahrung.
Beispielzitat: „Spätestens bei der Enthaarungsfrage beginnt das gelegentliche Hübschmachen, das in der Kindheit noch spieler war, zu Arbeit zu werden. Mein Körper wird zu einer wandelnden To-Do-Liste. Ich habe das Gefühl, es ist meine heilige Pflicht, dafür zu sorgen, dass niemand meine Körperhaare sehen kann, vor allem die in den Achselhöhlen.“
Nebeneffekt: achso, ich war nicht die einzige Person, die dieses gedacht, jenes gemacht und folgendes nicht gewusst hat.
In den vergangenen etwa zehn Monaten habe ich selbst ein Buch geschrieben, gemeinsam mit Lena Kampf: „Row Zero: Gewalt und Machtmissbrauch in der Musikindustrie“. Das Buch erscheint am 28. Mai. Wer diesen Newsletter und meine Arbeit unterstützen möchte, der kann das Buch (am besten im lokalen Buchhandel) vorbestellen. Oder kommt zu unserer Premierenlesung am 28. Mai bei Dussmann in Berlin.
Diskutiert gerne mit mir (und in diesem Fall auch Anne-Kathrin) in den Kommentaren oder in den sozialen Medien über die Bücher – oder empfehlt mir weitere, die ich auf die Liste nehmen sollte. Falls Euch „Sachbuchliebe“ gefällt, leitet diesen Beitrag gerne an Freund*innen, Kolleg*innen und Verwandte weiter oder teilt ihn in den sozialen Medien.
Vielen Dank, viel Spaß beim Lesen und auf bald
Daniel
(PS: Hier findet Ihr nochmal ein paar Worte über die Idee dieses Newsletters und was Euch in den kommenden Ausgaben erwarten wird.)
Freu mich schon sehr auf deine Folge in TextHacks!